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Energie & Management > Gas - Streit um genehmigte Erdgasbohrung in Bayern dauert an
Greenpeace-Protest gegen Erdgasbohrung in Reichling. Quelle: Greenpeace / Tino Boecher
Gas

Streit um genehmigte Erdgasbohrung in Bayern dauert an

Aus der Saat des Protestes erwachsen nun Bäume. Auf genehmigte Gasbohrungen im bayrischen Landkreis Landsberg hat Greenpeace am Standort mit einer Pflanzaktion reagiert.
Es geht ums Gas. Um sehr viel Gas, das unter Oberbayerns Oberfläche schlummern soll und nun auch sehr viel Geld verspricht. In Reichling unweit des Ammersees darf das Unternehmen Genexco Gas mit Probebohrungen beginnen, um die in 3.000 Metern Tiefe vermuteten 500 Millionen Hektar Erdgas aufzuspüren.

Die Erlaubnis stammt vom Bergamt Südbayern, das am 26. Juni 2024 die Probebohrung genehmigte. Die dem bayrischen Wirtschaftsministerium unterstellte Behörde handele nach Recht und Gesetz, ließ Ressortchef Hubert Aiwanger (Freie Wähler) bereits am 28. Juli per Pressemitteilung wissen. Er verwahrte sich aufgrund geltender Bestimmungen gegen die Kritik, die Genehmigung nicht zu verhindern. Das Bundesberggesetz lasse ihm keinen Ermessensspielraum.

Die Protestierenden gegen das Projekt, für das es noch keine Fördererlaubnis gibt, ficht das nicht an. Hinter ihnen steht ein breites gesellschaftliches Bündnis. Private Initiativen melden sich zu Wort, Umweltorganisationen starten Aktionen. So setzte Greenpeace am Morgen des 8. August ein Zeichen gegen das Gas-Projekt mit dem Pflanzen von zehn Bäumen an jener Stelle, wo im September das Aufstellen des Bohrturms geplant ist.

Lokalpolitik an der Seite der Protestierenden

Und auch die örtliche Politik hadert mit der Entwicklung. Der Gemeinderat der kleinen Kommune zwischen Lech und Ammersee hat sich ebenso öffentlich gegen die Bohrungen ausgesprochen wie der Landrat des Kreises Landsberg am Lech. Thomas Eichinger (CSU) setzte Hoffnungen in ein Schreiben, das er direkt an Hubert Aiwanger adressieren wollte. Dessen Haltung indes ist eindeutig.

Für die Gegner der Gasförderung stellen die Bohrungen eine Gefahr dar. Schadstoffe könnten in die Luft und das Trinkwasser gelangen, argwöhnt etwa eine Bürgerinitiative. Der Bohrplatz berührt den Zustrom zu einer Trinkwasserquelle und befindet sich in der Nähe eines Naturschutzgebietes. Für Greenpeace gilt grundsätzlich „Kein neues Gas“. Das Projekt sei „absolut unverantwortlich“, sagt Saskia Reinbeck von Greenpeace Bayern angesichts der voranschreitenden Erderhitzung und weil es „gegen den Willen der Menschen vor Ort durchgedrückt“ werde.

Das Aufsuchen bisher unentdeckter Gasvorkommen im betreffenden Gebiet hatte Hubert Aiwanger offiziell ab Oktober 2022 genehmigt. Damals stand der Gasmarkt enorm unter Druck. Die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas löste eine hektische Suche nach Ersatzquellen aus. Das Gebiet am Lech rückte nach Jahrzehnten erneut in den Blickpunkt. Heute ist Gas für Hubert Aiwanger eine „auf lange Sicht unentbehrliche Brückentechnologie“. Die verwaltungsrechtlichen Vorgaben ließen es „wie bei Windenergieanlagen“ nicht zu, Genehmigungen willkürlich zu verweigern.

Aiwanger und Landesgrüne im Streit

Den Bezug zur Windenergie nehmen ihm Kritiker besonders übel. Ludwig Hartmann (Grüne), Vizepräsident des Landtags, verglich den Minister mit einem „Geisterfahrer“, der die Erschließung neuer dreckiger Erdgasquellen unterstütze, aber Windkraftunternehmen in Staatswäldern hohe Gebühren abverlange. Die Staatsregierung verzichtet dagegen beim Gas freiwillig auf eine Förderabgabe nach dem Bundesberggesetz. Warum dies so ist, wollten die Grünen wissen. Um die Suche nach neuen Lagerstätten anzuregen, lautete die Antwort des Wirtschaftsministeriums.

Hubert Aiwanger reagierte seinerseits mit Kritik an den Grünen. In seiner Erklärung vom 28. Juli bezeichnet er deren Haltung als „dreist“ und „peinliches Eigentor“. Der Grund: „Auf Bundesebene importiert der grüne Bundeswirtschaftsminister Frackinggas aus den USA, und in Bayern verlangen die Grünen das Ende von heimischen Erdgas-Förderungen.“

In Reichling muss das Berliner Unternehmen Genexco nicht nur das erhoffte Gas finden, sondern auch noch die erforderliche Genehmigung für dessen Förderung einholen. Diese hängt aktuell offenbar auch von einem Trinkwasser-Notfallkonzept ab, berichtet der Bayerische Rundfunk. Das liege der Gemeinde Reichling inzwischen zur Prüfung vor.

Die Bürgerinitiative fordert derweil zusätzliche Messungen an der Quelle. Eine Anfrage unserer Redaktion an Genexco blieb zunächst unbeantwortet. Das Öl- und Gasunternehmen ging Anfang 2023 zu 100 Prozent an MCF Energy. Das 2022 gegründete, börsennotierte Unternehmen aus Kanada sieht zunächst die Erdgasförderung in Deutschland und Österreich als Geschäftsfeld.

Donnerstag, 8.08.2024, 14:30 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Gas - Streit um genehmigte Erdgasbohrung in Bayern dauert an
Greenpeace-Protest gegen Erdgasbohrung in Reichling. Quelle: Greenpeace / Tino Boecher
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Streit um genehmigte Erdgasbohrung in Bayern dauert an
Aus der Saat des Protestes erwachsen nun Bäume. Auf genehmigte Gasbohrungen im bayrischen Landkreis Landsberg hat Greenpeace am Standort mit einer Pflanzaktion reagiert.
Es geht ums Gas. Um sehr viel Gas, das unter Oberbayerns Oberfläche schlummern soll und nun auch sehr viel Geld verspricht. In Reichling unweit des Ammersees darf das Unternehmen Genexco Gas mit Probebohrungen beginnen, um die in 3.000 Metern Tiefe vermuteten 500 Millionen Hektar Erdgas aufzuspüren.

Die Erlaubnis stammt vom Bergamt Südbayern, das am 26. Juni 2024 die Probebohrung genehmigte. Die dem bayrischen Wirtschaftsministerium unterstellte Behörde handele nach Recht und Gesetz, ließ Ressortchef Hubert Aiwanger (Freie Wähler) bereits am 28. Juli per Pressemitteilung wissen. Er verwahrte sich aufgrund geltender Bestimmungen gegen die Kritik, die Genehmigung nicht zu verhindern. Das Bundesberggesetz lasse ihm keinen Ermessensspielraum.

Die Protestierenden gegen das Projekt, für das es noch keine Fördererlaubnis gibt, ficht das nicht an. Hinter ihnen steht ein breites gesellschaftliches Bündnis. Private Initiativen melden sich zu Wort, Umweltorganisationen starten Aktionen. So setzte Greenpeace am Morgen des 8. August ein Zeichen gegen das Gas-Projekt mit dem Pflanzen von zehn Bäumen an jener Stelle, wo im September das Aufstellen des Bohrturms geplant ist.

Lokalpolitik an der Seite der Protestierenden

Und auch die örtliche Politik hadert mit der Entwicklung. Der Gemeinderat der kleinen Kommune zwischen Lech und Ammersee hat sich ebenso öffentlich gegen die Bohrungen ausgesprochen wie der Landrat des Kreises Landsberg am Lech. Thomas Eichinger (CSU) setzte Hoffnungen in ein Schreiben, das er direkt an Hubert Aiwanger adressieren wollte. Dessen Haltung indes ist eindeutig.

Für die Gegner der Gasförderung stellen die Bohrungen eine Gefahr dar. Schadstoffe könnten in die Luft und das Trinkwasser gelangen, argwöhnt etwa eine Bürgerinitiative. Der Bohrplatz berührt den Zustrom zu einer Trinkwasserquelle und befindet sich in der Nähe eines Naturschutzgebietes. Für Greenpeace gilt grundsätzlich „Kein neues Gas“. Das Projekt sei „absolut unverantwortlich“, sagt Saskia Reinbeck von Greenpeace Bayern angesichts der voranschreitenden Erderhitzung und weil es „gegen den Willen der Menschen vor Ort durchgedrückt“ werde.

Das Aufsuchen bisher unentdeckter Gasvorkommen im betreffenden Gebiet hatte Hubert Aiwanger offiziell ab Oktober 2022 genehmigt. Damals stand der Gasmarkt enorm unter Druck. Die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas löste eine hektische Suche nach Ersatzquellen aus. Das Gebiet am Lech rückte nach Jahrzehnten erneut in den Blickpunkt. Heute ist Gas für Hubert Aiwanger eine „auf lange Sicht unentbehrliche Brückentechnologie“. Die verwaltungsrechtlichen Vorgaben ließen es „wie bei Windenergieanlagen“ nicht zu, Genehmigungen willkürlich zu verweigern.

Aiwanger und Landesgrüne im Streit

Den Bezug zur Windenergie nehmen ihm Kritiker besonders übel. Ludwig Hartmann (Grüne), Vizepräsident des Landtags, verglich den Minister mit einem „Geisterfahrer“, der die Erschließung neuer dreckiger Erdgasquellen unterstütze, aber Windkraftunternehmen in Staatswäldern hohe Gebühren abverlange. Die Staatsregierung verzichtet dagegen beim Gas freiwillig auf eine Förderabgabe nach dem Bundesberggesetz. Warum dies so ist, wollten die Grünen wissen. Um die Suche nach neuen Lagerstätten anzuregen, lautete die Antwort des Wirtschaftsministeriums.

Hubert Aiwanger reagierte seinerseits mit Kritik an den Grünen. In seiner Erklärung vom 28. Juli bezeichnet er deren Haltung als „dreist“ und „peinliches Eigentor“. Der Grund: „Auf Bundesebene importiert der grüne Bundeswirtschaftsminister Frackinggas aus den USA, und in Bayern verlangen die Grünen das Ende von heimischen Erdgas-Förderungen.“

In Reichling muss das Berliner Unternehmen Genexco nicht nur das erhoffte Gas finden, sondern auch noch die erforderliche Genehmigung für dessen Förderung einholen. Diese hängt aktuell offenbar auch von einem Trinkwasser-Notfallkonzept ab, berichtet der Bayerische Rundfunk. Das liege der Gemeinde Reichling inzwischen zur Prüfung vor.

Die Bürgerinitiative fordert derweil zusätzliche Messungen an der Quelle. Eine Anfrage unserer Redaktion an Genexco blieb zunächst unbeantwortet. Das Öl- und Gasunternehmen ging Anfang 2023 zu 100 Prozent an MCF Energy. Das 2022 gegründete, börsennotierte Unternehmen aus Kanada sieht zunächst die Erdgasförderung in Deutschland und Österreich als Geschäftsfeld.

Donnerstag, 8.08.2024, 14:30 Uhr
Volker Stephan

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