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Der Flughafen Memmingen soll bis zum Jahr 2030 klimaneutral werden. Zu dem ambitionierten Projekt Green Airport Memmingen gehört ein flexibel betriebenes Biogas-Blockheizkraftwerk.
Der Flughafen Memmingen in Südbayern setzt bei seinem Bedarf an Wärme und Strom künftig auf den Brennstoff Biogas aus der Region. Dazu wurde im vergangenen Jahr die bestehende Energiezentrale saniert und auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Seit Anfang des Jahres ist die Anlage mit Blockheizkraftwerk (BHKW), Pellet- und Spitzenlastkesseln sowie Pufferspeichern in Betrieb. Den Brennstoff liefert die rund fünf Kilometer vom Flughafen entfernte Biogasanlage Bitzer im nahen Hawangen. Die Energiezentrale versorgt das gesamte Flughafengelände sowie nahezu alle angrenzenden Industrie- und Gewerbebetriebe, darunter auch den südlich gelegenen Zweckverband Interkommunaler Gewerbepark Flughafen Süd Benningen/Hawangen.
Die neuen Erzeugungsanlagen sind Teil des Projekts „Green Airport Memmingen“ und haben zum Ziel, den Flughafen bis zum Jahr 2030 klimaneutral betreiben zu können. Zu diesem Zweck wurde 2017 die Airport Energie Management GmbH, eine Tochter der Flughafen Memmingen GmbH und der e-con AG, gegründet. Konzepterstellung und Planung erfolgten durch die Energieversorgungsspezialisten e-con in Memmingen, die Ausführung übernahm die Firma Alois Müller.
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Das Blockheizkraftwerk am Flughafen Memmingen Quelle: E&M/Heidi Roider |
Das Blockheizkraftwerk wird stromseitig flexibel betrieben. „Die Anlage wird künftig im Jahr rund 3.500 Stunden laufen. Die entstehende Wärme geht ins Fernwärmenetz oder in die Pufferspeicher mit einem Volumen von 300.000 Litern“, erklärt e-con-Vorstand Peter Waizenegger im Gespräch mit E&M. „Das Biogas wird hier wie überall verstromt, die Wärme kann allerdings im Gegensatz zu den dezentral gelegenen Biogasanlagen nahezu komplett im Fernwärmenetz genutzt werden. Somit wird eine sehr hohe Gesamteffizienz erreicht.“ Die neue Anlage erzeugt den wesentlichen Teil der Wärme für das Fernwärmenetz.
Hohe Gesamteffizienz der ErzeugungsanlageDie Anlage weist zwei Besonderheiten auf: Das BHKW wurde mit zwei Abgaswärmetauschern ausgestattet, statt − wie vielfach üblich − mit einem. „Die Abgaswärmetauscher sind in Reihe geschaltet und erhöhen die Gesamteffizienz nochmals deutlich“, so Waizenegger. „Zudem brauchen wir diese Wärme auch tatsächlich für die Abnehmer.“ Das Jenbacher BHKW von Innio ist vom Typ JMS 420. Die Anlage hat eine elektrische Leistung von 1,5 MW und eine thermische von 1,7 MW.
Um die Versorgungssicherheit zu erhöhen, wurden außerdem Spitzenlastkessel sowie ein Pelletkessel in der bestehenden Heizzentrale des Flughafens mit installiert. Bei den Spitzenlastkesseln verbirgt sich die zweite Besonderheit in der Energiezentrale. „Zwei der drei Kessel laufen mit Erdgas. Der dritte jedoch nicht. Dieser kann bei Bedarf sowohl mit dem Biogas als auch mit Heizöl betrieben werden. Dies ist laut e-con-Chef dem Umstand geschuldet, dass am Flughafen die Versorgung immer gewährleistet sein muss. Die jährliche Wärmeerzeugung liegt derzeit bei etwa 14.000 MWh.
Flughafen will klimaneutral werdenAufgrund des modularen und flexiblen Aufbaus der neuen Wärmeversorgungsanlage und der Netzdimensionierung können perspektivisch noch weitere Anschlussnehmer mit umweltfreundlicher Wärme versorgt werden. Derzeit beläuft sich die Trassenlänge des Wärmenetzes auf rund sieben Kilometer. Die Firma Alois Müller hat dazu das Fernwärmenetz seit 2018 kontinuierlich saniert und verstärkt.
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Die Kesselanlage am Flughafen Memmingen Quelle: E&M/Heidi Roider |
Für Flughafen-Geschäftsführer Ralf Schmid, der auch in der Geschäftsführung der Airport Energiemanagement GmbH vertreten ist, stellt die neue Anlage einen weiteren wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem klimaneutralen Airport dar. „Es ist ein ehrgeiziges Ziel, das wir als erster deutscher Verkehrsflughafen bis 2030 erreichen wollen“, betont er. Aber es sei zu schaffen. Klimaneutral sollte jedoch nicht nur der Betrieb eines Airports sein. „Gemeinsam mit unserem Kraftstoffversorger Air BP wollen wir unseren Kunden klimaneutrale Kraftstoffe, sogenannte Sustainable Aviation Fuels (SAF), anbieten, damit sie in der Lage sind, klimaneutral ab Memmingen zu fliegen“, so Schmid.
Die neue Energiezentrale spart jährlich etwa 650.000 Kubikmeter Erdgas ein und reduziert den CO2-Ausstoß des Flughafens um rund 1.600 Tonnen pro Jahr. Perspektivisch soll mit Wasserstoff ein weiterer klimaneutraler Kraftstoff angeboten werden. Eine öffentliche Wasserstofftankstelle für Nutzfahrzeuge und Pkw ist bereits für 2024 geplant. Nicht zuletzt deshalb wurde die Airport Energiemanagement GmbH im vergangenen Jahr in das Wasserstoffbündnis Bayern aufgenommen.
Die Anlage auf einen BlickBetreiber: Airport Energie Management GmbH
Konzept: e-con AG
Planung: e-con TGA Ingenieure GmbH
Anlage: Jenbacher BHKW von Innio mit 1.500 kW elektrischer und 1.700 kW thermischer Leistung, Pufferspeicher mit 300.000 Liter Fassungsvermögen von BTD, Pelletkessel (Hargassner) sowie Spitzenlastkessel als Redundanzsystem (Weishaupt und Bosch)
Besonderheit: Verschiedene Brennstoffe wie Biogas, Pellets, Gas und Öl zur Erhöhung der Versorgungssicherheit
Einsparung: 1.600 Tonnen CO2 jährlich sowie Substitution von 650.000 Kubikmeter Erdgas oder 650.000 Liter Heizöl im Jahr
Ansprechpartner: Marco Lambart, Leiter Marketing & PR der
e-con AG, marco.lambart@alois-mueller.com
Mittwoch, 12.07.2023, 09:15 Uhr
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