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Energie & Management > Studie - DIW hält komplett erneuerbare Energieversorgung bis 2040 für möglich
Quelle: Shutterstock/lovelyday12
Studie

DIW hält komplett erneuerbare Energieversorgung bis 2040 für möglich

Mit dem verstärkten Ausbau erneuerbarer Energieerzeuger in allen Regionen könnte Deutschland seinen Energiebedarf in rund 15 Jahren komplett erneuerbar decken, sagt eine Studie des DIW.
Laut einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) wäre die Versorgungssicherheit in Deutschland auch mit 100 % erneuerbarer Energieversorgung gewährleistet. Allerdings mahnen die Forschenden ein Umdenken bei der deutschen und europäischen Netzplanung an. Claudia Kemfert, Christian von Hirschhausen, Mario Kendziorski und Leonard Göke berechneten Szenarien einer Vollversorgung durch Photovoltaik, Windkraft und andere Erneuerbare.

„100 Prozent erneuerbare Energien sind technisch möglich und ökonomisch effizient – und vor allem dringend nötig, um die europäischen Klimaschutzziele erreichen zu können“, sagte Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am DIW Berlin. Den Berechnungen zufolge könnte nicht nur die Stromnachfrage, sondern die gesamte Energienachfrage hierzulande mit Erneuerbaren gesichert werden. Auch europaweit würden dann keine fossilen Energieträger oder Kernkraft mehr verwendet.

Mehr erneuerbarer Strom, mehr Sektorkopplung

Voraussetzung dafür sei, das Ausbautempo in Deutschland stark zu steigern, sowohl bei der Wind- als auch bei der Solarenergie. Im Fall einer Vollversorgung mit Erneuerbaren würde die Stromnachfrage hierzulande aufgrund des Trends zur Elektrifizierung stark steigen und bei über 1.000 statt 550 Mrd. kWh wie 2020 liegen. Dafür wäre der gesamte Energieverbrauch mit gut 1.200 Mrd. kWh im Vergleich zu knapp 2.600 im Jahr 2018 weniger als halb so hoch, meinen die Ökonomen.

In der Studie wurden zwei Szenarien berechnet, die einen erneuerbaren Erzeugungsmix in ganz Europa beinhalten und sowohl Strom als auch Wärme und den Transport – die sogenannte Sektorkopplung – berücksichtigen. Das integrierte Szenario, das den Ausbau der Erzeugungs- und Speicherkapazitäten in Verbindung mit dem nötigen Netzausbau betrachtet und eine Balance zwischen beidem anstrebt, ist dabei dem desintegrierten Szenario überlegen: In Ersterem wird die Energie näher an den Verbrauchern erzeugt, was etwa den Bedarf an Batteriespeichern und Stromleitungen reduziert.

Integrierte Planung von Erzeugung und Verbrauch

„Durch die Berücksichtigung von Netzausbaukosten würde die regionale Gleichverteilung von Erzeugung und Verbrauch im Vergleich zu heute gestärkt werden“, erklärte Christian von Hirschhausen, DIW-Forschungsdirektor für internationale Infrastrukturpolitik und Industrieökonomie. „Es ist kein Naturgesetz, dass der Windstrom nur aus dem Norden kommen kann und von dort in den Süden transportiert werden muss. Das Potenzial für erneuerbare Energien ist in allen Regionen in Deutschland vorhanden, es wird bisher nur sehr ungleich genutzt“, so von Hirschhausen.

Entsprechend müsste beispielsweise die Windkraft an Land am stärksten in Süddeutschland ausgebaut werden. Trotz der dezentraleren Erzeugungs- und Speicherstrukturen wäre die Einbindung in das europäische Stromnetz weiterhin möglich und wichtig, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dass diese bei einer Vollversorgung mit erneuerbaren Energien nicht gefährdet ist, berechneten die Forschenden exemplarisch anhand der Stromerzeugung und des Stromverbrauchs im Winter zum Zeitpunkt der niedrigsten Einspeisung von Photovoltaik und Windstrom.

Netze europäisch planen

Um dem Ziel einer Vollversorgung durch erneuerbare Energien schnell näher zu kommen, müssten EU-, Bundes- und Landesebene enger und koordinierter zusammenarbeiten. 100-Prozent-Erneuerbare-Szenarien sollten in die Planung des gesamten Energiesystems einbezogen werden, vor allem in die Netzplanung – sowohl für Deutschland als auch für Europa.

Vor allem auf europäischer Ebene sei die Anpassung der laufenden Zehnjahresentwicklungspläne besonders dringend, da diese nach wie vor erhebliche fossile Kapazitäten und Kernkraft vorsehen. Auch der Netzentwicklungsplan in Deutschland basiert nach wie vor auf einem hohen Anteil fossiler Erdgasverstromung. „Das sind die Schatten einer Energiepolitik von gestern – nun müssen wir dringend auf Morgen umschalten“, appellierte Kemfert.

Die Studie „100 % erneuerbare Energieversorgung“ steht auf der DIW-Website zur Verfügung.


Mittwoch, 21.07.2021, 11:43 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Studie - DIW hält komplett erneuerbare Energieversorgung bis 2040 für möglich
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Studie
DIW hält komplett erneuerbare Energieversorgung bis 2040 für möglich
Mit dem verstärkten Ausbau erneuerbarer Energieerzeuger in allen Regionen könnte Deutschland seinen Energiebedarf in rund 15 Jahren komplett erneuerbar decken, sagt eine Studie des DIW.
Laut einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) wäre die Versorgungssicherheit in Deutschland auch mit 100 % erneuerbarer Energieversorgung gewährleistet. Allerdings mahnen die Forschenden ein Umdenken bei der deutschen und europäischen Netzplanung an. Claudia Kemfert, Christian von Hirschhausen, Mario Kendziorski und Leonard Göke berechneten Szenarien einer Vollversorgung durch Photovoltaik, Windkraft und andere Erneuerbare.

„100 Prozent erneuerbare Energien sind technisch möglich und ökonomisch effizient – und vor allem dringend nötig, um die europäischen Klimaschutzziele erreichen zu können“, sagte Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am DIW Berlin. Den Berechnungen zufolge könnte nicht nur die Stromnachfrage, sondern die gesamte Energienachfrage hierzulande mit Erneuerbaren gesichert werden. Auch europaweit würden dann keine fossilen Energieträger oder Kernkraft mehr verwendet.

Mehr erneuerbarer Strom, mehr Sektorkopplung

Voraussetzung dafür sei, das Ausbautempo in Deutschland stark zu steigern, sowohl bei der Wind- als auch bei der Solarenergie. Im Fall einer Vollversorgung mit Erneuerbaren würde die Stromnachfrage hierzulande aufgrund des Trends zur Elektrifizierung stark steigen und bei über 1.000 statt 550 Mrd. kWh wie 2020 liegen. Dafür wäre der gesamte Energieverbrauch mit gut 1.200 Mrd. kWh im Vergleich zu knapp 2.600 im Jahr 2018 weniger als halb so hoch, meinen die Ökonomen.

In der Studie wurden zwei Szenarien berechnet, die einen erneuerbaren Erzeugungsmix in ganz Europa beinhalten und sowohl Strom als auch Wärme und den Transport – die sogenannte Sektorkopplung – berücksichtigen. Das integrierte Szenario, das den Ausbau der Erzeugungs- und Speicherkapazitäten in Verbindung mit dem nötigen Netzausbau betrachtet und eine Balance zwischen beidem anstrebt, ist dabei dem desintegrierten Szenario überlegen: In Ersterem wird die Energie näher an den Verbrauchern erzeugt, was etwa den Bedarf an Batteriespeichern und Stromleitungen reduziert.

Integrierte Planung von Erzeugung und Verbrauch

„Durch die Berücksichtigung von Netzausbaukosten würde die regionale Gleichverteilung von Erzeugung und Verbrauch im Vergleich zu heute gestärkt werden“, erklärte Christian von Hirschhausen, DIW-Forschungsdirektor für internationale Infrastrukturpolitik und Industrieökonomie. „Es ist kein Naturgesetz, dass der Windstrom nur aus dem Norden kommen kann und von dort in den Süden transportiert werden muss. Das Potenzial für erneuerbare Energien ist in allen Regionen in Deutschland vorhanden, es wird bisher nur sehr ungleich genutzt“, so von Hirschhausen.

Entsprechend müsste beispielsweise die Windkraft an Land am stärksten in Süddeutschland ausgebaut werden. Trotz der dezentraleren Erzeugungs- und Speicherstrukturen wäre die Einbindung in das europäische Stromnetz weiterhin möglich und wichtig, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dass diese bei einer Vollversorgung mit erneuerbaren Energien nicht gefährdet ist, berechneten die Forschenden exemplarisch anhand der Stromerzeugung und des Stromverbrauchs im Winter zum Zeitpunkt der niedrigsten Einspeisung von Photovoltaik und Windstrom.

Netze europäisch planen

Um dem Ziel einer Vollversorgung durch erneuerbare Energien schnell näher zu kommen, müssten EU-, Bundes- und Landesebene enger und koordinierter zusammenarbeiten. 100-Prozent-Erneuerbare-Szenarien sollten in die Planung des gesamten Energiesystems einbezogen werden, vor allem in die Netzplanung – sowohl für Deutschland als auch für Europa.

Vor allem auf europäischer Ebene sei die Anpassung der laufenden Zehnjahresentwicklungspläne besonders dringend, da diese nach wie vor erhebliche fossile Kapazitäten und Kernkraft vorsehen. Auch der Netzentwicklungsplan in Deutschland basiert nach wie vor auf einem hohen Anteil fossiler Erdgasverstromung. „Das sind die Schatten einer Energiepolitik von gestern – nun müssen wir dringend auf Morgen umschalten“, appellierte Kemfert.

Die Studie „100 % erneuerbare Energieversorgung“ steht auf der DIW-Website zur Verfügung.


Mittwoch, 21.07.2021, 11:43 Uhr
Susanne Harmsen

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