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Die Energie- und Umweltminister der führenden, westlichen Industriestaaten, der „G-7“, haben sich grundsätzlich auf einen Kohleausstieg bis 2035 verständigt.
Eine längere Laufzeit von Kohlekraftwerken soll jedoch unter bestimmten Bedingungen möglich sein. Der Vereinbarung waren intensive Verhandlungen vorausgegangen, um die USA und Japan zu überzeugen. Japan erzeugt neben Deutschland noch einen substantiellen Teil seines Stroms aus Kohle.
Die G-7 knüpfen damit an die Verhandlungen auf der letzten Klimakonferenz COP28 an, die sich auf einen schrittweisen Ausstieg aus der Verstromung von Kohle verständigt hatte. Die Minister machten deutlich, dass sie sich weiter für einen wirksamen Klimaschutz stark machen wollen und sie sind besorgt darüber, dass zwischen der global notwendigen Senkung der Treibhausgase und den tatsächlichen Emissionen weiter eine große Lücke klafft.
In dem Kommuniqué, das vom italienischen Vorsitz nach dem Treffen der Minister in Turin veröffentlicht wurde, heißt es: „Wir verpflichten uns, die Erzeugung von Strom aus Kohle ohne CO2-Abscheidung in der ersten Hälfte der 2030er Jahre oder nach einem Zeitplan zu beenden, der mit dem Netto-Null-Ziel übereinstimmt und das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite hält.“
Ausdrücklich anerkannt wird, dass Kohlekraftwerke auch durch Atomkraftwerke ersetzt werden dürfen. Gleichzeitig bekräftigen die G-7 das Ziel, die Kapazität zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu verdreifachen. Damit Wind und Sonne die Hauptlast der Stromproduktion übernehmen könnten, müssten die Netze flexibler gemacht werden, unter anderem durch die Erhöhung der globalen Speicherkapazität von 230.000 MW (2022) auf 1,5 Millionen MW bis 2030. Die Investitionen in die Netze müssten in diesem Zeitraum auf 600 Milliarden Dollar im Jahr verdoppelt werden.
Die Unterzeichnerstaaten des Pariser Abkommen werden aufgerufen, bis Mitte nächsten Jahres anspruchsvollere und konkrete nationale Klimapläne (NDCs) vorzulegen. Im Mittelpunkt müsse dabei die Verbesserung der Energieeffizienz stehen. Die G-7 seien bereit, den Entwicklungsländern dafür mehr technische Hilfe zu leisten, insbesondere im Bereich einer wirksamen Regulierung. Gleichzeitig fordern sie mehr Transparenz im Hinblick auf die tatsächlichen Emissionen ein. Die entsprechenden Berichte müssten bis Ende des Jahres vorliegen.
Keine Auswirkungen für Deutschland
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck begrüßte die Verständigung auf den Kohleausstieg bis 2035. Die G-7 schwenkten damit „auf den Pfad der Klimaneutralität 2050“ ein. Sie habe jedoch für Deutschland keine Auswirkung: „Für Europa und Deutschland heißt das faktisch nichts“, sagte Habeck in Hannover.
Der Minister geht offenbar davon aus, dass die Verknappung der Emissionsrechte im europäischen Emissionshandel ETS bereits vor 2038, dem gesetzlich verfügten Kohleausstieg in Deutschland, dazu führt, dass die Verstromung von Kohle nicht mehr wirtschaftlich sein wird. Eine Änderung des Kohleausstiegsgesetzes sei deswegen nicht nötig.
Die Ministerpräsidenten der ostdeutschen Revierländer Sachsen, Sachen-Anhalt und Brandenburg hatten noch im Februar ein früheres Ende der Kohleverstromung abgelehnt. Für die westdeutsche Braunkohle haben sich die Betreiber, das Land NRW und der Bund vertraglich auf einen Ausstieg bis 2030 verständigt. Die Umsetzung setzt nach Ansicht der Regierung in NRW voraus, dass der Bedarf bis dahin durch andere Kraftwerke gedeckt werden kann.
BDEW-Chefin Kerstin Andreae betonte: „Vor dem Ausstieg muss der Einstieg kommen.“ Immer neue Daten und Ziele seien dafür nicht hilfreich. Benötigt würden bessere Bedingungen für den Ausbau der Erneuerbaren, der Netze und Speicher – und mehr Planungssicherheit im Hinblick auf die notwendigen Investitionsentscheidungen.
Die Umweltorganisation Greenpeace sprach von einem „faulen Kompromiss“, der für Deutschland einen Rückschritt bedeute.
Dienstag, 30.04.2024, 17:05 Uhr
Tom Weingärtner
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