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Mit den Flensburger Stadtwerken steigt der nächste kommunale Versorger aus dem Gasgeschäft aus – zumindest teilweise. Zehntausende Erdgaskunden brauchen jetzt neue Verträge.
„Die Stadtwerke bedauern diesen Schritt ausdrücklich, aber die aktuellen Rahmenbedingungen erfordern konsequentes Handeln“, kommentierte ein Sprecher der Stadtwerke Flensburg (Schleswig-Holstein) gegenüber der Redaktion die jüngste Entscheidung des zu 100 % kommunalen Unternehmens: 45.000 Erdgaskunden müssen sich einen neuen Versorger suchen.
Nur die 6.800 Schleswig-Holsteiner Kunden will man weiter beliefern. „Eine Fortsetzung des deutschlandweiten Erdgasvertriebs stellt für ein Unternehmen mittlerer Größe bei der anhaltenden Marktsituation ein zunehmend steigendes Risiko dar, welches nicht mehr übernommen werden möchte“, so der Sprecher.
Nachrichten dieser Art häufen sich. So hatte unlängst die niedersächsische Energieversorgung Elbtalaue (EVE) GmbH, ebenfalls ein kommunales Unternehmen, den Ausstieg aus dem Erdgasgeschäft beschlossen und die Verträge der aktuell noch belieferten rund 1.100 Gaskunden gekündigt (wir berichteten).
Auch kommunale Versorger schicken nun Kunden weg
Damit erinnert die derzeitige Entwicklung auf dem Gasmarkt immer mehr an die Turbulenzen auf dem Ende 2021, als Dutzende private Strom- und Gasanbieter ihren Kunden unter Verweis auf die Entwicklungen auf den Energiemärkten die Verträge kündigten. Hunderttausende Kunden mussten in die Ersatzversorgung wechseln, was zur enormen Belastung für die oftmals kommunalen Grundversorger wurde.
Der große Unterschied: Waren es damals in erster Linie die wegen ihrer aggressiven Preispolitik und kurzfristigen Kalkulationen ohnehin schräg angesehenen Billiganbieter, die ihre Kunden in die Ersatzversorgung schickten, sind es nun kommunale Energieversorger, die sich den Herausforderungen des Marktes nicht mehr gewachsen sehen.
Selbst für ein mittelgroßes Stadtwerk wie das Flensburger sei es inzwischen eine „große Herausforderung“, überhaupt noch Erdgaslieferanten zu finden, die Lieferverpflichtungen eingehen, ohne erhebliche Sicherheitsaufschläge zu berechnen, so der Sprecher der Flensburger Stadtwerke. Das hohe Einkaufspreisniveau und die extrem sprunghafte Marktentwicklung führten sowohl in der Kalkulation und der Beschaffung wie auch im Vertrieb zu erheblichen finanziellen Risiken.
Selbstverständlich stehe man aber bei allen Kunden, ob innerhalb oder außerhalb Schleswig-Holsteins, zu den vereinbarten Preisgarantien und werde diese erfüllen. Und auch einen Wiedereinstieg ins überregionale Geschäft will man in Flensburg nicht ausschließen. Geplant sei dieser aber vorerst nicht, so der Sprecher: Erst wenn die Bedingungen günstiger und die Risiken wieder verlässlicher prognostizierbar seien, werde man einen Wiedereinstieg prüfen.
Dienstag, 27.09.2022, 15:33 Uhr
Katia Meyer-Tien
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