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Die Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) Gas haben einen gemeinsamen Antrag für das Wasserstoff-Kernnetz fristgerecht der Bundesnetzagentur übergeben. Er wird zwei Wochen lang konsultiert.
Um Industrieproduktion ohne fossile Brennstoffe umzusetzen, soll Wasserstoff genutzt werden. Dieser lässt sich aus erneuerbar erzeugtem Strom herstellen. Um den Wasserstoff aus Produktion in Deutschland oder seinen Nachbarstaaten oder aus Importen über das Meer zu den Verbrauchern zu bringen, müssen Gasleitungen umgenutzt oder neu gebaut werden. Für den Kern dieser deutschlandweiten Wasserstoffinfrastruktur haben die Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) Gas nun einen Plan erstellt und der Bundesnetzagentur übergeben.
Diese veröffentlicht den Antrag der FNB am 23.
Juli und konsultiert ihn zwei Wochen lang bis zum 6.
August. Demnach sollen erste Wasserstoffleitungen bereits im kommenden Jahr in Betrieb gehen. Insgesamt soll das Kernnetz 9.666
Kilometer
umfassen, wovon rund 60
Prozent bereits bestehende Erdgas-Leitungen sind, die für Wasserstoff umgerüstet werden.
Die Investitionskosten veranschlagen die FNB mit 19,7
Milliarden Euro. Bei Fertigstellung sollen so 278
Milliarden kWh transportiert werden können. Das entspreche etwa einem Drittel des deutschen Erdgasverbrauchs 2022. Das Kernnetz soll zentrale Verbrauchs- und Erzeugungsschwerpunkte sowie Speicher und Importzentren schrittweise bis zum Jahr 2032 miteinander verbinden.
Bundesnetzagentur prüft den Antrag„Das Kernnetz löst das Henne-Ei-Problem, indem die Infrastruktur zunächst auf der Basis eines gemeinsam mit der Politik erarbeiteten Szenarios entwickelt wurde“, erläuterte Barbara Fischer, Geschäftsführerin der FNB Gas. Das Netz solle sich dann mit dem Markt weiterentwickeln. In enger Abstimmung mit den Verteilnetzbetreibern werde eine integrierte Netzentwicklungsplanung Gas und Wasserstoff erstellt, betonte Fischer. Nach der Genehmigung des Antrags durch die Bundesnetzagentur beginne der Aufbau des Kernnetzes. „Wir schauen uns das beantragte Netz genau an und prüfen, ob es den gesetzlichen Vorgaben entspricht“, kündigte der Präsident der Behörde Klaus Müller an.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) begrüßte den fristgerecht eingereichten Antrag der FNB: „Die enthaltenen Vorhaben zeigen konkret, wo und wann die künftigen Netzbetreiber Leitungen für die Versorgung deutschlandweit zentraler Wasserstoff-Standorte bauen und umwidmen werden.“ Das schaffe Planungssicherheit für alle Akteure – für die Erzeuger von Wasserstoff, die Betreiber von Kraftwerken und Speichern, die Importpartnerländer und natürlich für die Abnehmer und Nutzer von Wasserstoff.
Alle Bundesländer bekommen ZugangNeben der Anbindung zentraler Industriestandorte seien die regionale Ausgewogenheit und die Einbettung in die europäische Wasserstoffinfrastruktur wichtige Ziele, die mit dem Kernnetz erreicht werden sollen. „Laut vorgelegtem Antrag werden alle Bundesländer angebunden und über Grenzübergangspunkte kann frühzeitig Wasserstoff per Pipeline importiert werden“, sagte Habeck. Deutschland werde künftig einen Großteil seines Wasserstoffbedarfs über Importe per Pipeline oder Schiff decken. Der geografische Fokus dafür liegt auf dem Nord- und Ostsee- sowie dem Mittelmeerraum mit möglichen Erzeugungszentren auf der Iberischen Halbinsel und in Nordafrika.
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Der Entwurf des Wasserstoff-Kernnetzes (zur Vollansicht bitte auf das Bild klicken) Quelle: FNB Gas |
Die im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) verankerten Regelungen zur Finanzierung des Wasserstoff-Kernnetzes, auf deren Basis ein privatwirtschaftlicher Hochlauf erfolgen kann, wurden von der Europäischen Kommission am 21.
Juni 2024 beihilferechtlich genehmigt, betonte der Minister. Wie bei Erdgas und Strom sollen die Leitungen des Kernnetzes grundsätzlich vollständig privatwirtschaftlich durch Entgelte der Nutzer bezahlt werden. Eine Zwischenfinanzierung in der Anfangszeit erfolge über ein sogenanntes Amortisationskonto und eine subsidiäre finanzielle Absicherung durch den Staat gegen unvorhersehbare Entwicklungen.
BDEW will Planung auch für KundennetzeDer Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) nannte den Antrag einen „bedeutenden Meilenstein für den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland“. Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae sagte: „Es ist gut, dass die Unternehmen, die den Aufbau des Kernnetzes übernehmen, hier eng abgestimmt vorgehen.“
Im nächsten Schritt müssten nun die Rahmenbedingungen für die Leitungen vom Kernnetz zum Kunden, die Verteilnetze, festgelegt werden. „Derzeit sind rund 1,8
Millionen industrielle und gewerblichen Letztverbraucher an das Gasverteilnetz angebunden“, erinnerte Andreae. Die EU-Kommission müsse mit dem Delegierten Rechtsakt zu kohlenstoffarmem Wasserstoff pragmatische praxistaugliche Kriterien vorlegen, um die Leitungen zu füllen.
Mitglieder der FNB Gas sind die Unternehmen Bayernets, Ferngas Netzgesellschaft, Fluxys TENP, Gascade Gastransport, Gastransport Nord, Gasunie Deutschland Transport Services, GRTgaz Deutschland, Nowega, Ontras Gastransport, Open Grid Europe, Terranets BW und Thyssengas. Sie betreiben zusammen ein rund 40.000
Kilometer langes Leitungsnetz.
Der
Antrag zum Wasserstoff-Kernnetz steht auf der Internetseite der Bundesnetzagentur zum Download bereit.
Dienstag, 23.07.2024, 13:31 Uhr
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